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Rede Hartmut Strube zum Neujahrsempfang 2007

Gemeinsamer Neujahrsempfang der Architektenkammer und der Ingenieurkammer Thüringen am 15.01.2007

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Blick in das Foyer der IHK, Bild: Michael Voigt, Erfurt

Sehr geehrter Herr Minister Trautvetter,
sehr geehrter Herr Staatssekretär Prof. Juckenack,
sehr geehrte Landtagsabgeordnete,
sehr geehrte Oberbürgermeister, Landräte und Vertreter der Thüringer Kommunen und Landkreise, des Landes- und Kommunaler Gesellschaften,
sehr geehrte Präsidenten der Kammern und Verbände,
sehr geehrte Rektoren der Universitäten und der Fachhochschule Erfurt,
sehr geehrte Vertreter der Wirtschaft, der Wohnungsgesellschaften, der Kammern und Verbände, der Vereine, Medien,
werte Freiberufler, Architekten, Stadtplaner und Ingenieure,

auch ich begrüße Sie sehr herzlich zum gemeinsamen Neujahrsempfang der Architektenkammer und der Ingenieurkammer Thüringen.

Ich wünsche Ihnen allen ein gesundes, glückliches und erfolgreiches neues Jahr. Ich wünsche Ihnen, das sich Ihre Erwartungen für das neue Jahr2007 erfüllen, dass das Jahr 2007 auch für viele Architekten und Ingenieure ein erfolgreiches wird.

In diesem Jahr ist die Ingenieurkammer Organisator des gemeinsamen Empfangs. Für die auch für uns erfolgte Vorbereitung möchte ich mich bedanken. Mein Präsidentenkollege, Herr Prof. Mönnig, hielt die Eröffnungsrede, ich habe deshalb nun das „letzte Wort“:

Berufsbild der Architekten

Sehr geehrte Damen und Herren,
die von meinen Vorrednern angeführten Probleme aus demografischem Wandel, Globalisierung und technischer Entwicklung haben natürlich auch gravierende Auswirkungen auf die Berufsausübung der Architekten.

Städte und Gemeinden werden schrumpfen. Wo heute ggf. noch Gebäude stehen, sind zukünftig Freiflächen zu gestalten, ist Infrastruktur zurückzubauen. Planerische Vorleistungen sind unabdingbar, für die mehr denn je Fachkenntnisse und Ideen von Stadtplanern und Landschaftsarchitekten gefragt sind. Bei diesem Prozess regionaler Anpassungen wird es unterschiedliche Entwicklungen geben, die sich auch in differenzierten Planungsprozessen widerspiegeln müssen. So wird sich z.B. in der Impulsregion Erfurt-Weimar-Jena der Anpassungsprozess anders vollziehen, wie in ländlichen Regionen Thüringens.

Auch die Bauaufgaben haben sich verändert. Sie bewegen sich vorwiegend im Bestand, sind individueller und in der Regel komplizierter. Sanierung, Denkmalschutz kombiniert mit Teilabriss, An- und Umbau verlangen höchste Fachkompetenz, Erfahrung und Gestaltungssicherheit von Architekten und Innenarchitekten, um eine maßgeschneiderte kostengünstige Lösung in hoher Qualität für die Bauherren zu finden.

Auch an den Wohnungsbau stehen höhere Qualitätsanforderungen. Flexible Grundrisse sind gefragt, die altersgerecht nutzbar, also barrierefrei sind und alle technischen Möglichkeiten zur Energieeinsparung nutzen. Auf innerstädtischen Brachen sind durch Umbau und Ersatzneubau auch zukunftsfähige Wohnimmobilien zu schaffen.

Investoren formulieren ihre individuellen Bauaufgaben und wollen sie in kürzester Zeit qualitätsvoll umgesetzt wissen.

Wir Architekten haben uns auf diese veränderten Bedingungen eingestellt. Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Städteplaner haben die spezialisierte Ausbildung zur Entwicklung gestalterisch überzeugender sinnvoller und ökologischer Lösungen in ihren Fachrichtungen. Über eine Verstärkung der Aktivitäten zur Weiterbildung des Berufstandes trägt auch die Kammer dieser aktuellen Entwicklung Rechnung.

Qualität vor Quantität steht für die Bauaufgaben und muss sich auch in den Anforderungen an die Qualifikation der Planer widerspiegeln.

Architekten- und Ingenieurkammergesetz

Für uns unverständlich ist deshalb nach wie vor trotz aller Verhandlungen um Kompromisse die Absicht, mit der Novellierung des neuen Architekten- und Ingenieurkammergesetzes als Eintragungsvoraussetzung für Stadtplaner, Landschaftsarchitekten und Innenarchitekten lediglich 6 Semester Studium wenn auch nicht als Regelausbildung zuzulassen.
Noch unverständlicher ist für uns, das zukünftig bauvorlageberechtigte Bachelor, also Architekturstudenten, die ihre Ausbildung zum Architekten nicht vollendet, also mit einem Masterstudium abgeschlossen haben, sich bei der Ingenieurkammer sammeln können und unzureichend ausgebildet mit Bauvorlageberechtigung im Berufsbild der Architekten wildern werden. Mit dieser Lösung tun wir uns alle, auch die Ingenieurkammer mit ihrem Anspruch an die Bewahrung des Rufes des Deutschen Diplomingenieurs vor dem Hintergrund der von mir erläuterten hohen Berufsanforderungen an Architekten keinen Gefallen.
Wenn Gesetze wie Hochschulgesetz, Bauordnung und Architekten- und Ingenieurkammergesetz im Zusammenwirken diese Entwicklung ermöglichen, sind sie aus unserer Sicht dringend komplex anpassungsbedürftig.

Die bereits von Prof. Mönnich erwähnte Übertragung hoheitlicher Aufgaben an unsere Berufsstände und auch die im Bericht des Thüringer Bauministeriums zur Erfahrung mit der neuen Bauordnung geforderte höhere Qualität der Bauvorlagen lässt eine Reduzierung von Ausbildungsqualität nicht zu.
Für Architekten gilt dasselbe, wie für aktuelle Bauvorhaben, wir brauchen weniger, aber die in hoher Qualität.

Bürokratieabbau

Die von mir erläuterte Veränderung der Bauaufgaben verlangt auch aus unserer Sicht eine Anpassung der Genehmigungsverfahren. Investitionen sind nicht mehr langfristig voraussehbar. B-Pläne sind jedoch in der Regel extensiv ausgelegt, schaffen neue Bauflächen auf Vorrat mit vorformulierten Baubedingungen, wollen einen Investitionsdruck regulieren, den es nicht mehr gibt.. Anpassungen, also Überarbeitungen von B-Plänen bewegen sich in Zeiträumen von 1-2 Jahren, Zeiträumen, die in hohem Umfang Bauabsichten zum Scheitern bringen.

Die Auslotung des §34 des Baugesetzbuches verlangt eine Interpretation umgebender Bebauung, also eine komplexe Kompromissbereitschaft, die einzelne Fachämter nur unter der Berücksichtigung ihrer spezifischen Verantwortung nicht aufbringen können. Abwägung und Kompromiss ist nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel und muss , wenn Investitionen gewünscht sind, kurzfristig möglich sein. Für diese Ausnahme als Regel brauchen wir als Architekten im Planungsprozess akzeptable Verfahrensweisen, entscheidungsbefugte fachlich qualifizierte Ansprechpartner, wie sie zum Beispiel Stadtarchitekten mit komplexer Entscheidungsbefugnis ggf. in Personalunion als Planungsamtsleiter sein könnten.

Wir werden in diesem Jahr verstärkt mit den neu gewählten Bürgermeistern und kommunalen Vertretern den Dialog hinsichtlich Architektur und Städteplanung führen. Dabei wird die angeführte Problematik wichtiges Thema sein.

Lage des Berufsstandes

Sehr geehrte Damen und Herren,
in Thüringen gibt es immer noch wie in den letzten Jahren konstant ca. 1900 Architekten.
Hier unterscheiden wir uns von der Nachwuchsproblematik der Ingenieure. Der Ansturm an die Hochschulen und Universitäten hat sich auch abgeschwächt, ob sich jedoch 3 oder 6 um einen Studienplatz bewerben, wirkt sich auf Absolventenzahlen nicht aus.

Vor dem Hintergrund der nationalen und internationalen Entwicklung des Bauwesens hat vor kurzem die Bundesarchitektenkammer ein Gutachten zur Analyse der Kosten und Ertragssituation in Architekturbüros in Auftrag gegeben, dessen Aussagen auch auf Thüringen zutreffen.

Danach werden 75% der Büros von einem Inhaber geführt, bei 19% haben sich 2 Partner gefunden und bei 46% sind keine Mitarbeiter beschäftigt..
Honoraraußenstände liegen bei 33% der Jahresumsätze und Forderungsausfälle bei 25%.
88% der Aufträge stammen aus dem Bundesland der Bürostandorte und nur 2% aus dem Ausland.
Die Interpretation dieser Zahlen überlasse ich Ihnen.

Wir stellen uns als Kammer weiter auf diese Situation ein und versuchen, wie auch die Ingenieure, Dienstleistungsexport als Auftragsquelle zu erschließen. Auch ich möchte mich an dieser Stelle für die Möglichkeit der Teilnahme an Reisen Thüringer Wirtschaftsdelegationen bei der Landesregierung bedanken, die uns erste Kontaktaufnahmen zur Vorbereitung von Auslandsaktivitäten ermöglicht.

Thüringer Architekturbüros können sich fachlich im Ausland behaupten. Erste Erfolge sind sichtbar. Architektur- und Ingenieurleistungen können im Ausland als Schlüssel zur Öffnung von Märkten auch für die deutsche Industrie und deutsche Produkte wirken.
Leider bleibt jedoch der Export von Planungsleistungen noch weit hinter den Möglichkeiten zurück. Verantwortlich dafür ist auch eine Förderpolitik, die nicht auf die besonderen Anforderungen der mittelständisch geprägten Planungsbüros in Deutschland ausgerichtet ist.

Öffentlichkeitsarbeit

Auch 2006 beteiligten sich Thüringer Architekten an Wettbewerben und schufen Vorzeigbares.
Zum „tag der architektouren“ 2006 in Thüringen waren Gebäude und Freianlagen an 74 Standorten er Öffentlichkeit zugänglich. Sie waren Bestandteil der unter dem Thema „Stadt als Bühne - die Renaissance des öffentlichen Raumes“ gezeigten Leistungsschau der in Thüringen tätigen Architekten und zeugten auch dort von der weiter gewachsenen Leistungsfähigkeit des Berufsstandes. In diesem Jahr findet der „tag der architektouren“ am 23. und 24. Juni statt. Ich bin überzeugt, das im vergangenen Jahr wieder für diese Architekturpräsentation Vorzeigbares entstanden ist.
Zur Verleihung des Thüringer Staatspreises für Architektur und Städtebau 2006 wurden trotz der Beschränkung auf öffentliche Bauten und ihre Einfügung in städtebauliche Strukturen 20 Arbeiten eingereicht. Das war eine Verdopplung der Teilnehmerzahlen gegenüber 2004.
Thüringen hat eine Architekturszene, die vorzeigbar ist und konkurrieren kann.

Auch das Thema „Architektur macht Schule“ ist für die Architektenkammer ein wichtiger Schwerpunkt der Öffentlichkeitsarbeit. In Kooperation mit dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplangestaltung und Medien und der Bauhausuniversität Weimar wird die Aus- und Fortbildung von Kunsterziehern zu Fragen zeitgemäßer Architektur und Stadtplanung gefördert. Entsprechende Projekte an Thüringer Schulen werden unterstützt.
Gemeinsam veranstalten die drei Institutionen am 4. und 5. Mai 2007 in Weimar ein internationales Symposium „Räume leben“ zur Architekturvermittlung in der Schule.

Zu den Architektenkammern Sachsen und Sachsen-Anhalt bestehen enge freundschaftliche Kontakte. So werden wir auch wieder gemeinsam den Mitteldeutschen Architektentag am 2. Juni 2007 in Dessau veranstalten, zu dem ich Sie jetzt schon herzlich einlade.


Sehr geehrte Damen und Herren,

mir bleibt nun nur noch, ihnen zu versichern, dass die Thüringer Architekten wie bisher ein verlässlicher Partner bei der Lösung der anstehenden Aufgaben sein werden. Ich wünsche Ihnen und uns auch für das neue Jahr die nötige Kraft, den Optimismus und das nötige Glück. Ich danke Ihnen allen für Ihr Kommen und Ihre Aufmerksamkeit.

veröffentlicht am 15.01.2007 von Birgit Kohlhaas · Rubrik(en): News, Berufspolitik / Kammerarbeit

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